Geschlechterrollen von Jungen und Mädchen – Erziehung

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Es ist schon ziemlich lange her, dass in den Kindergärten die Geschlechterrollen von Jungen und Mädchen “abgeschafft” wurden: Jungen dürfen nicht mehr zu „typischen Jungen“ und Mädchen nicht mehr zu „typischen Mädchen“ erzogen werden. Und heute? Nach wie vor liegt die frühkindliche Erziehung vom Säugling bis in die Grundschule hinein fest in Frauenhand, männliche Erzieher als Rollenvorbilder gibt es nur höchst selten. Müssen wir als Erzieherinnen deshalb auch „männlich“ erziehen?

Die Entwicklung von Geschlechterrollen

Entwicklungspsychologische Studien zeigen, dass sich die Vorstellungen der Kinder, wie sich Männer und Frauen in ihrer jeweiligen Geschlechterrolle zu verhalten haben, in mehreren Stufen entwickeln:

  • Kleinkinder haben noch keine oder nur unsichere Geschlechterrollenstereotype verinnerlicht. Spätestens ab dem 2. Lebensjahr wissen sie, dass die Menschen Frauen und Männer sind, und kennen ihr eigenes Geschlecht. Sie identifizieren damit die Geschlechterrollen von Jungen und Mädchen.
  • Ab dem 3. Lebensjahr haben die Kinder schon viele Aspekte starrer Rollenzuschreibungen verinnerlicht. 5- bis 6-jährige Kinder können bereits genau angeben, wodurch sich Frauen und Männer auszeichnen, und identifizieren sich klar mit dem jeweils zugeschriebenen Verhalten.
  • Im Schulalter werden Geschlechterrollenstereotype nicht mehr unreflektiert übernommen. Die Kinder erkennen, dass es Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern gibt und dass Verhaltensmerkmale innerhalb eines Geschlechtes variieren können. Die Kinder und Jugendlichen entwickeln eigene Rollenvorstellungen.

Dieses Entwicklungsschema zeigt, dass Ihnen gerade zwischen dem 3. und dem 6. Lebensjahr eine besonders große Verantwortung in der Entwicklung von Geschlechterrollen von Mädchen und Jungen obliegt: Denn diese bilden ihre Vorstellung, was sie als Mädchen und Jungen „dürfen“ oder „müssen“, aufgrund von Vorbildern sowie Reaktionen und Signalen der Umwelt. Sie verinnerlichen also noch unreflektiert, was wir ihnen im pädagogischen Alltag vorleben.

Ihr reflektiertes Verhalten ist wichtig

Sicher handeln Sie mit der Absicht, Kinder nicht in starren Rollenzuschreibungen zu erziehen. Genaue Beobachtungen und Evaluationen verschiedener Kindertagesstätten haben allerdings gezeigt, dass diese Absicht nur schwer umsetzbar ist. In Puppen- und Bauecken geschlechtstypischem Spielzeug, Bilderbüchern und Geschichten werden „verdeckte“ Signale gesendet.

Untersuchungen von Freispiel und Gesprächskreisen zeigen, dass sich Erzieherinnen – gegen ihre Absicht – geschlechtsrollenstarr verhalten, z. B. indem sie Mädchen eher zum Mithelfen bitten und Jungen mehr Härte abverlangen. Schwierig dabei ist, dass dieses pädagogische Verhalten schwer wahrnehmbar ist.

Geschlechterrollen von Jungen und Mädchen – Die Persönlichkeit

Um Mädchen und Jungen also in ihrer Entwicklung zu einer starken Persönlichkeit zu unterstützen, ist es notwendig, das pädagogische Verhalten den Kindern gegenüber genau und ehrlich zu reflektieren. Nur so kommen Sie unbewussten Verhaltensmustern auf die Spur, die ein geschlechtsflexibles Verhalten der Kinder erschweren oder gar verhindern.

Der unten stehende Fragebogen unterstützt Sie dabei wesentlich. Indem Sie konkrete Beispiele zu den jeweiligen Punkten suchen, hinterfragen Sie sich zu diesem Thema intensiver. Nutzen Sie ihn auch als Diskussionsgrundlage im Team, um die Gesamtsituation in Ihrer Einrichtung in Bezug auf Ihr geschlechtsspezifisches Handeln zu überprüfen.

Haben Sie den Mut, sich kritisch mit Ihrem eigenen Verhalten Mädchen und Jungen gegenüber auseinanderzusetzen. Davon profitieren alle: Sie selbst lernen sich ein Stück besser kennen und die Kinder können mit Ihrer bewussten Erziehung zu selbstbestimmten Frauen und Männern heranreifen.

Fragebogen: Wie geschlechterspezifisch handeln Sie?

  • Gibt es Situationen, in denen Sie sich „typisch weiblich“ verhalten?
  • Sind sie bereit, Aktionen oder Aufgaben durchzuführen, die „typisch“ Mann sind?
  • Gibt es bestimmtes Verhalten von Mädchen und Jungen, das Sie ablehnen?
  • Erwarten Sie unterschiedliches Verhalten von Mädchen und Jungen in Konflikten der Kinder untereinander?
  • Verhalten Sie sich unterschiedlich in Konflikten mit Mädchen oder mit Jungen?
  • Bitten Sie eher Mädchen oder Jungen um Unterstützung?
  • Erkennen Sie Unterschiede, zu welchen Hilfen Sie Jungen oder Mädchen bitten?
  • Erwarten Sie von Jungen und Mädchen Unterschiede im Sozialverhalten, wie z. B. Rücksicht?
  • Welche Ecken in Ihrer Gruppe oder Einrichtung ermöglichen ausschließlich geschlechtstypisches Spiel?
  • Gibt es Bereiche, in denen Jungen und Mädchen gemeinsam spielen?
  • Bieten Sie Angebote, die überwiegend Jungen bzw. Mädchen ansprechen?
  • Bieten Sie Angebote, die für Mädchen und Jungen gleichermaßen attraktiv sind?
  • Spielen „männertypische“ Angebote wie Werkstatt, da Naturwissenschaft und Technik oder Fußball in Ihrer Arbeit eine wichtige Rolle spielt?