Wie Sie Verhalten von „Problemkindern“ professionell dokumentieren
Kinder, die sich nicht so verhalten wie Gleichaltrige, gelten rasch als schwierig oder auffällig. Die Eltern dieser Kinder wenden sich oft Hilfe suchend an Sie oder Ihre Kollegen.
Damit Sie die Eltern professionell beraten können, sollten Sie ein Instrument nutzen, das die Entwicklung und das Verhalten solcher Kinder genau dokumentiert. Das ist notwendig, um das Verhalten richtig einzuschätzen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Wir zeigen Ihnen, wie ein solches Dokumentationsinstrument aussehen kann.
Praxisbeispiel: Lennox ist 4 Jahre alt. Der Junge besucht die Kita, seit er 11 Monate alt ist. Lennox verfügt über ein altersgerechtes Sprachverständnis, doch er spricht weder mit Kindern noch mit Erziehern.
Die Eltern lehnen ärztliche Hilfe bislang ab. Sie sind der Meinung, dass Lennox ein Spätentwickler ist. Die Eltern argumentieren, dass ihr Sohn Erklärungen und Anweisungen braucht, um diese dann richtig zu befolgen.
So gehen Sie vor: Symptome für die Verhaltensauffälligkeit können beim Kind im körperlichen, sozialen oder psychischen Bereich liegen. Als Verhaltensstörung gelten Auffälligkeiten, die das Kind daran hindern, altersgemäße Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Als verhaltensauffällig gilt ein Kind, wenn es sich nicht so benimmt wie die meisten anderen Kinder in seinem Alter. Nach neuesten Studien gelten 20 % der deutschen Kinder als verhaltensauffällig oder verhaltensoriginell.
Dokumentieren Sie das Verhalten und die Entwicklung aller Kinder schriftlich. So erkennen Sie zweifelsfrei Auffälligkeiten im Verhalten der Kinder. Ihre schriftlich festgehaltenen Eindrücke und die Beobachtungen über das Kind ergeben ein differenziertes und objektives Bild.
Es hat den Vorteil, dass die schriftlichen Beobachtungen realistisch und unbeeinflusst sind und aktuelle Entwicklungen des Kindes mit einbeziehen. Sie dienen Eltern als wertvolle Hilfe für weiterreichende Entscheidungen, z. B. darüber, ob ein Kinderpsychologe hinzugezogen werden sollte. Wir haben Ihnen eine Mustervorlage als Dokumentationsinstrument zusammengestellt. Nutzen Sie es für Ihre Beobachtungen von verhaltensauffälligen Kindern. Dabei ist es besonders wichtig, dass sich Ihre Beobachtungen über einen längeren Zeitraum erstrecken. Damit sind die Beobachtungen besonders aussagekräftig und eventuelle „schlechte“ Tage des Kindes spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Muster: Beobachtung von verhaltensfälligen Kindern
Beobachtung am:
- 07.01.2017Verhalten: Lennox lässt sich von mir ansprechen und kommt in den Morgenkreis (10 Uhr).Entwicklung: Er reagiert auf meine Ansprache, spricht selbst jedoch nicht.Beobachtung von: Larissa Maier
- 15.01.2017Verhalten: Lennox steht am Rand der Bauecke und beobachtet die spielenden Kinder.Entwicklung: Als ich ihn frage, ob er mit den Kindern in der Bauecke spielen will, errötet Lennox und spricht nicht.Beobachtung von: Larissa Maier
- 16.01.2017Verhalten: Ich gebe Lennox einen 3-teiligen Arbeitsauftrag. Er kommt binnen kurzer Zeit allen Aufträgen nach.Entwicklung: Lennox schaut kurz auf und nickt Serkan zu.Beobachtung von: Sabrina Schäfer
- 12.02.2017Verhalten: Lennox kommt zum Stuhlkreis. Linda sitzt bereits dort und hält für Simon einen Platz frei.Entwicklung: Lennox setzt sich neben Linda und lächelt sie an.Beobachtung von: Sabrina Schäfer
- 14.02.2017Verhalten: Lennox erhält von mir den Auftrag, Stifte aus einer anderen Gruppe zu holen.Entwicklung: Lennox lächelt und geht in die andere Gruppe. Nach kurzer Zeit kommt er mit den geforderten Buntstiften zurück. Er hat den Auftrag durch Zeigen gelöst.Beobachtung von: Larissa Maier
Legen Sie den Beobachtungsmodus fest
Legen Sie in einer Besprechung gemeinsam mit Ihrem Team fest, wie oft und wie intensiv Sie ein verhaltensauffälliges Kind beobachten. Sehr aussagekräftig ist eine Dokumentation, die mehrmals in der Woche stattfindet. Legen Sie dazu das Formblatt für die Verhaltensdokumentation in der Gruppe aus und tragen Sie gemeinsam alle Beobachtungen darin ein, die Sie für relevant halten.
Fazit
Achten Sie darauf, dass Sie Entwicklung und Verhalten des Kindes in regelmäßigen Abständen beschreiben. So gelingt es, Entwicklungsverläufe wie z. B. Fortschritte, Stagnationen oder Rückschritte zu erkennen. Bleiben Fortschritte aus, müssen Sie handeln. Sprechen Sie mit den Eltern und erörtern Sie mit ihnen weiterführende Hilfsmaßnahmen für das Kind.