Aggressives Kind im Kindergarten – Tipps für Erzieher und Eltern
In jeder Kita gibt es Kinder, die in ihrem Verhalten aggressiver sind als die anderen. Sie treten, schlagen, kratzen, beißen, sind aufbrausend und lösen Konflikte eher mit Fäusten als mit Worten. Für Erzieher ist ein aggressives Kind im Kindergarten herausfordernd, schließlich müssen sie sowohl das Kind in seinen Aggressionen begleiten als auch aufpassen, dass keine anderen Kinder zu Schaden kommen.
Aggressives Kind im Kindergarten: Was sind mögliche Ursachen?
Aggressionen bei Kindern entstehen häufig dadurch, dass diese Kinder nicht gelernt haben, ihre Gefühle auszudrücken. Auch Kinder, deren sprachliche Entwicklung noch nicht ausreicht, um Emotionen oder Bedürfnisse zu benennen, reagieren mit Wutanfällen, wenn sie merken, dass sie sprachlich an ihre Grenzen gelangen.
Aggressionen können entstehen, wenn den Kindern Grenzen aufgezeigt werden oder wenn ihre Bedürfnisse nicht befriedigt werden. Auch wenn Kinder ihren Platz in einer Gruppe anderer Kinder suchen oder behaupten wollen, kann es zu Aggressionen kommen. Ungerechtigkeiten oder Konflikte sind weitere Auslöser.
Welche Motive für Aggression im Kindergarten gibt es?
Ein aggressives Kind im Kindergarten erkennen Sie meist schon nach kurzer Zeit, wenn die ersten Konfliktsituationen auftreten. Dabei müssen Sie jedoch verschiedene Motive unterscheiden:
- Aggression im Spiel: Wenn Kinder während des Spielens schreien oder rangeln, ist das nicht sofort bedrohlich oder ein Zeichen für Aggression. Hören die Kinder von selbst wieder auf und lachen auch während des Spiels, so müssen Erzieher in der Regel nicht einschreiten.
- Überschießendes Temperament: Einige Kinder haben von Natur aus ein überschießendes Temperament und eine niedrige Toleranzschwelle. Rangeleien mit Gleichaltrigen können eine Gelegenheit sein, ihre Energie loszuwerden. Für diese Kinder ist es wichtig, dass sie sich viel bewegen und Möglichkeiten bekommen, ihre Energie ohne Aggressionen abzulassen, zum Beispiel durch Sport.
- Macht durch Aggression: Merken Kinder, dass Sie mit körperlicher Kraft andere Kinder dominieren können, ist Aggression schnell ein Mittel zum Zweck. Dieses Muster muss unterbrochen werden.
- Aggression durch bestimmte Entwicklungsstadien: Kinder in der Trotzphase reagieren häufig aggressiv, wenn sie sich nicht anders zu helfen wissen. Auch sprachliche Defizite können in Aggressivität münden.
- Probleme zuhause: Erleben Kinder zuhause kein stabiles Umfeld, kann es passieren, dass sie im Kindergarten Aggressionen abladen. Insbesondere mit Trauer können kleine Kinder oft nicht umgehen, weshalb sie ihre Emotionen in Wut umwandeln.
- Falsche Grenzen: Werden Kinder zu sehr behütet, lernen sie nicht, wie sie Konflikte auf friedlichem Weg lösen können. Sind Eltern zu locker und setzen keine Grenzen, so lernen Kinder diese auch nie kennen und überschreiten sie auch im Kindergarten regelmäßig.
- Aggression als Aufmerksamkeitsfänger: Wenn Kinder nicht genug Aufmerksamkeit bekommen, kann sich der Drang nach Aufmerksamkeit in Aggressionen zeigen, denn diese werden schließlich beachtet. Dass es sich dabei um etwas Negatives handelt, ist den Kindern zunächst egal.
- Gewaltopfer: Erleben Kinder zuhause Gewalt, können Aggressivität und Gegengewalt ihre Antwort darauf sein.
Wie reagieren Sie als Erzieher auf ein aggressives Kind im Kindergarten?
Als Erzieher müssen Sie beim Umgang mit aggressiven Kindern verschiedenes beachten. Einerseits müssen Sie das aggressive Kind beruhigen und andererseits dafür sorgen, dass niemand sonst verletzt wird.
Wenn es zu einer Situation kommt, in der Kinder laut sind und streiten, beobachten Sie zunächst und überlassen Sie es den Kindern ihren Konflikt zu klären. Sobald jedoch Handgreiflichkeiten hinzukommen, greifen Sie ein und machen Sie deutlich, dass Schlagen oder Treten nicht akzeptiert ist.
Mit Zuwendung und Verständnis können die Kinder in der Regel beruhigt werden. Begegnen Sie den Kindern dafür auf Augenhöhe und versuchen Sie mit ihnen gemeinsam, die Emotionen zu benennen, die zur Gewalt geführt haben.
Was dürfen Sie als Erzieher?
Sie dürfen Kinder festhalten oder wegziehen und sie dürfen sie in emotionalen Situationen auch von der Gruppe trennen und in einen anderen Raum setzen – dies sollte aber immer nur mit Aufsicht geschehen. Kinder einsperren, fixieren oder selbst an Ihnen Gewalt anwenden dürfen Sie unter keinen Umständen und ist zum Teil sogar strafbar!
Wie kann aggressiven Kindern im Kindergarten begegnet werden?
Um Aggressionen entgegenzutreten oder sie gar nicht erst entstehen zu lassen, helfen klare Gruppenregeln in der Kita, wie zum Beispiel:
- Kinder sollen andere Kinder fragen, ob sie mitspielen dürfen, bevor sie sich einfach dazu setzen.
- Probleme sollten zunächst eigenständig geklärt werden. Ist das nicht möglich, können sich Kinder Hilfe bei Erziehern suchen.
- Es ist okay, schlechte Laune zu haben oder frustriert zu sein.
- Schlagen oder Treten sind tabu.
- Es herrscht ein friedliches Grundverhalten, bei dem Konflikte mit Worten und nicht mit Gewalt gelöst werden.
Auch hinsichtlich der Kita-Organisation gibt es Umstände, wie Aggressionen bei Kindern verringert werden können:
- Eine angemessene Gruppengröße
- Viel Platz für die Kinder zum Toben, Spielen und auch für den Rückzug
- Fordernde und fördernde Aktivitäten, die zum Alter der Kinder passen
3 Schritte für den Umgang mit aggressiven Kindern im Kindergarten
Sehen Sie zwei Kinder, bei dem das eine plötzlich schlägt, tritt oder beißt, schreiten Sie sofort ein und ziehen Sie die Kinder auseinander. Handelt es sich um mehrere Kinder, die sich schlagen, schnappen Sie sich andere Erzieher und greifen Sie gemeinsam ein.
- Die Situation entzerren: Holen Sie das Kind aus der Situation heraus und nehmen Sie es zur Seite. Am besten gehen Sie in einen anderen Raum. Bleiben Sie bei dem Kind und warten Sie, bis es sich beruhigt hat. Ihre Gegenwart allein hat schon einen beruhigenden Effekt, Sie müssen nicht auf das Kind einreden.
- Das Verhalten thematisieren: Hat sich das Kind beruhigt, fragen Sie es, warum es so reagiert hat. Lassen Sie das Kind überlegen, welche andere Reaktionsmöglichkeit es gegeben hätte. „Du hast Max getreten, was ihm sehr weh getan hat. Was hättest du anders machen können?“ oder „Könntest du dir vorstellen, dich das nächste Mal zurückzuziehen und zu mir zu kommen, wenn du die Wut wieder spürst?“
- Gefühle benennen und spiegeln: Spiegeln Sie die Aussagen des Kindes und benennen Sie das Gefühl – „Wut“, „Enttäuschung“, „Trauer“. Gefühle in Worte fassen zu können, hilft Kindern und baut schon ein Stück der Wut ab. Außerdem fühlen sie sich ernst genommen. Erzählen Sie den Kindern außerdem davon, wenn Sie schon mal ähnliches erlebt haben. Das gibt Ihnen das Gefühl, verstanden zu werden.
Wie können Eltern und Erzieher zusammenarbeiten?
Erzieher sollten Eltern unbedingt vom aggressiven Verhalten der Kinder berichten. Dabei ist es wichtig, dass dadurch keine Bestrafung angeregt werden soll, sondern vielmehr ein näheres Beschäftigen der Eltern mit dem Verhalten des Kindes. Eltern und Erzieher können zusammenarbeiten, um den Kindern zu helfen:
- Offene Kommunikation fördern
- Den Kindern auf Augenhöhe begegnen
- Kinder in Entscheidungsfindungen mit einbeziehen und ihnen erklären, warum es gewisse Grenzen gibt
- Positive Verstärkung der Kinder fördern und gutes Verhalten loben
- Klare Verhaltensregeln aufsetzen
- Struktur im Kita-Alltag
- Regelmäßige Elterngespräche
Werden einzelne Kinder trotzdem immer wieder auffällig in ihrem Sozialverhalten, können Erzieher Eltern Programme zur Aggressionsprävention empfehlen. Je früher im Kindesalter negative Muster durchbrochen werden, desto besser.
Fazit: Ein aggressives Kind im Kindergarten ist eine Herausforderung für die Erzieher
Ein aggressives Kind im Kindergarten kann zur Gefahr für andere Kinder werden, weshalb Sie als Erzieher bei Handgreiflichkeiten einschreiten müssen. Wichtig ist, Aggressivität mit Ruhe zu begegnen und den Kindern auf Augenhöhe entgegenzutreten. Je mehr Praxiskompetenz Erzieher im Umgang mit aggressiven Kindern haben, desto leichter fällt es ihnen, Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und negative Muster zu durchbrechen. Auch die gute Zusammenarbeit mit den Eltern ist dafür entscheidend.