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Sprachvorbild sein: So funktioniert es

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Inhaltsverzeichnis

Immer wenn die Kinder mit Ihnen (oder auch mit anderen Personen) sprechen, fungieren Sie als Sprachvorbild. Machen Sie sich daher immer wieder bewusst, wie wichtig Ihr Sprachverhalten vor und mit den Kindern ist. So können Sie ein gutes Sprachvorbild sein:

Bei einem guten Sprachvorbild sind diese drei Merkmale optimal auf das Kind zugeschnitten:

  1. Prosodie
  2. Komplexität
  3. Redundanz

Diese Merkmale der Sprache erläutere ich Ihnen im folgenden Beitrag. Anhand von konkreten Praxisbeispielen zeige ich Ihnen, wie Sie diese jederzeit einsetzen können.

1. Merkmal: Prosodie

Die Prosodie bezeichnet die Gesamtheit sprachlicher Eigenschaften wie den Akzent der Wörter und der Sätze, die Intonation, die Sprechmelodie und die Sprechpausen.

So sind Sie in puncto Prosodie ein gutes Sprachvorbild

Als gutes Sprachvorbild verändern Sie intuitiv Ihr Sprechverhalten, wenn Sie mit Kindern kommunizieren. Passen Sie Ihr Sprachverhalten dem Alter und dem Wortschatz der Kinder an. Beispielsweise nutzen Sie für Babys die sogenannte Ammensprache.

Achten Sie darauf, dass

  • Sie den Kindern eine längere Verarbeitungszeit für Ihre Aussagen bieten. Sagen Sie etwas und geben Sie dann den Kindern Zeit, darauf zu reagieren. Sprechen Sie nicht direkt weiter und antworten Sie auch nicht selbst.
  • Sprechen Sie in einer höheren Tonlage mit den Kindern, sodass Sie sich in etwa der Stimmlage des Kindes anpassen. Denn Kinder reagieren eher auf die Stimmlage, als auf den Inhalt.
  • Nutzen Sie beim Sprechen einen grö­ßeren Frequenzbereich aus. So erlangen und halten Sie die Aufmerksamkeit der Kinder. Heben Sie so auch wichtige Informationen hervor.

2. Merkmal: Komplexität

Achten Sie darauf, dass der Inhalt, die Satzlänge und die grammatischen Strukturen des Gesagten altersentsprechend sind. Eine Faustregel besagt: Je jünger die Kinder sind und je kleiner ihr Wortschatz ist, desto reduzierter sollten die sprachlichen Äußerungen der Erwachsenen sein.

Wichtig: Bei sehr jungen Kindern sollten Sie Ihre Äußerungen auf ein Minimum reduzieren. Beachten Sie: Das bezieht sich nur auf die Satzlänge und nicht auf die Zeit, die Sie mit dem Kind sprechen! Wenn Sie in komplexen Sätzen sprechen, müssen die Kinder eine komplexe Verarbeitungsleistung erbringen.

Kinder, die erst sprechen lernen, können das noch nicht leisten. Deshalb: Passen Sie Ihre Sprache, die Satzlänge, die Wortwahl und natürlich auch die Komplexität der Inhalte stets den individuellen sprachlichen Fähigkeiten jedes Kindes an.

So sind Sie in puncto Komplexität ein gutes Sprachvorbild

Achten Sie darauf, dass Sie

  • in einfachen, dem Alter des Kindes angemessenen Sätzen sprechen,
  • einfache Vergangenheitsformen einsetzen wie das Perfekt, nach Möglichkeit auf Imperfekt („Im letzten Jahr machten wir ein Sommerfest“) und auf Plusquamperfekt („Wir hatten das Fest sehr lange geplant gehabt“) verzichten,
  • wenige Konjunktionen verwenden, wie die indirekte Rede, indirekte Sätze, Sätze mit „hätte, könnte, sollte, müsste“,
  • nach Möglichkeiten auf Funktionswörter wie
    • Hilfsverben („werden, haben, sein“),
    • Konjunktionen („aber, da, bevor“),
    • und Pronomen („dieser, jener, welcher, jeder, man“) verzichten,
  • viele Fragen stellen, um die Kinder zum Sprechen anzuregen,
  • viele Imperative (Aufforderungen) einsetzen,
  • viele konkrete Inhaltswörter verwenden. Das sind Wörter mit eigenständiger lexikalischer Bedeutung wie „Haus“, „Tier“, „Wolke“. Substantive Verben, Adjektive und Adverbien

    sind Inhaltswörter.

Beispiel: Statt ein Kind zu fragen „Würdest du mit der Luisa spielen wollen?“, fragen Sie „Möchtest Du mit Luisa spielen?“

3. Merkmal: Redundanz

Unter Redundanz versteht man eine durch häufige Wiederholungen entstandene Inhaltsleere. Das heißt, dass Sie eine Aussage des Kindes wiederholen oder ähnliche Wörter in einem Satz verwenden. Beispielsweise backen Sie mit den Kindern Kuchen.

Sie sprechen während der gesamten Tä­ tigkeit folgende Sätze: „Wir müssen den Kuchenteig kneten. Als Erstes knete ich den Kuchenteig. Jetzt knetet Tina den Kuchenteig. Nun knetet Jan den Kuchenteig.“ Diese Wiederholungen dienen dazu, das Textverständnis zu sichern, ohne einen neuen Inhalt hinzuzufügen. Als ein gutes Sprachvorbild nutzen Sie bei der Kommunikation, geläufige Begriffe, die den Kindern bekannt sind, und wiederholen Inhalte, um so Verunsicherungen zu vermeiden. Sie können auch Satzteile oder ganze Sätze wiederholen.

Wiederholen Sie umfangreiche Sätze in einzelnen Satzteilen. So überlasten Sie die auditive Merkspanne des Kindes nicht.

Beispiel: Ein Kind erzählt Ihnen, dass es gestern mit seinem Freund auf dem Spielplatz war.

Sie fragen: „Du warst gestern mit deinem Freund auf dem Spielplatz?“ So festigen Sie den Wortschatz und regen gleichzeitig das Kind zum Sprechen an. Eine weitere Möglichkeit sind inhaltliche Wiederholungen, die der Sicherung der semantischen Merkmale dienen. Semantische Merkmale sind die kleinsten Einheiten (Bestandteile) der Bedeutung eines Lexems, eines Wortes oder Morphems.

Nutzen Sie Wiederholungen

Wiederholen Sie einen Satz, den das Kind geäußert hat. Beispiel: Ein Kind kommt mit einem Bild auf Sie zu und sagt: „Ich habe ein Bild malt.“ Sie antworten: „Du hast ein Bild gemalt.“ Mithilfe der Wiederholung sichern Sie das Textverständnis des Kindes.

Nutzen Sie auch die Wiederholung, damit sich Kinder neue Wörter besser einprägen können. Denn im Gegensatz zur Redundanz setzen Sie die Wiederholung ein, um neue Wörter in den Wortschatz der Kinder zu implementieren. Beispielsweise verwenden Sie bei einem Projekt über Bauarbeiter ein neues Wort wie „Kelle“. Setzen Sie das Wort immer wieder ein, damit es sich in den kindlichen Wortschatz einprägt.

Sie können dabei auch ganze Sätze oder Satzteile wiederholen – beispielsweise, um bei Sprachanfängern oder Migrantenkindern geläufige Formulierungen zu festigen. Sagen Sie, wenn das Kind etwas trinken möchte, immer wieder: „Du möchtest Wasser haben.“ Wichtig: Verzichten Sie unbedingt darauf, das Kind nachsprechen zu lassen. Wenn die Kinder den Satz verinnerlicht haben, dann werden sie von selbst sagen: „Ich möchte Wasser haben.“ Sie werden auch lernen, diese Aussage auf andere Dinge zu übertragen.

Durch ständige Wiederholung sichern und festigen Kinder ihr Wortverständnis. Zudem vermeiden Sie damit Verunsicherungen. Durch die Wiederholung und die richtige Betonung der Silben, Wörter und Sätze sind Sie auch im Hinblick auf das erste Sprachmerkmal Prosodie ein gutes Sprachvorbild.

Wichtig: Ein gutes sprachliches Vorbild orientiert sich stets an den sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Kindes. Die Sprache und die Sprechweise sollen herausfordern, aber nicht überfordern. Hierzu sind gute Kenntnisse über die einzelnen Kinder erforderlich. Nur so können Sie Ihr Sprachniveau an den jeweiligen kindlichen Entwicklungsstand anpassen.

Fazit

Viele der genannten Dinge werden Sie als professionelle Erzieherin in Ihrem Kita-Alltag bereits umsetzen – ganz bewusst oder manchmal rein intuitiv. Darüber hinaus ist es wichtig, Ihr Sprachverhalten hinsichtlich der genannten drei Merkmale zu reflektieren. So werden Sie ein noch besseres Sprachvorbild für die Kinder.