Wenn Kinder beißen: So klären Sie Eltern über Ursachen und Lösungen auf
Es kommt gelegentlich vor, dass ein Kind von einem Spielkameraden gebissen wird. Oftmals machen sich dann Entsetzen und Empörung über das aggressive Verhalten breit. Die Eltern des kleinen „Beißers“ sind meistens ratlos und unangenehm berührt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie die Eltern bei einem Elternabend darüber informieren, warum manche Kinder beißen. Darüber hinaus erhalten die Eltern wichtige Tipps, wie sie vorbeugend handeln können.
Ein Kind beißt: Arbeiten Sie eng mit den Eltern zusammen
Um mit den Eltern in das Thema einzusteigen, können Sie in einer Gruppenarbeit gemeinsam Gründe sammeln, warum Kinder beißen. Schreiben Sie hierzu auf ein Plakat: „Das kann „beißen“ alles heißen.“ Nun nennen die Eltern Vermutungen, warum Kleinkinder beißen und was sie dadurch versuchen mitzuteilen. Durch diese Gruppenarbeit setzen sich die Eltern aktiv mit dem Thema auseinander. Die Eltern finden selbstständig heraus, dass Kleinkinder, die beißen, nicht aggressiv sind. Hierdurch gewinnen die Eltern Verständnis für die beißenden Kinder und das negative Gefühl von Eltern gegenüber dem Beißer wird dadurch genommen.
Übersicht: 7 Schritte für die Praxis, wenn ein Kita-Kind beißt, kratzt o. Ä.
1. Schritt: Beobachten und dokumentieren
2. Schritt: Das Team schätzt mit ein.
3. Schritt: Fragen Sie die Eltern nach den Erfahrungen zu Hause.
4. Schritt: Holen Sie sich bei Beratungsstellen Hilfe und Fachwissen.
5. Schritt: Besprechen Sie sich mit allen Beteiligten.
6. Schritt: Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen und halten Sie diese fest.
7. Schritt: Reflektieren Sie die praktizierten Lösungen.
Mögliche Ursachen: Darum können beißen Kinder
Nachdem die Eltern Ideen gesammelt haben, informieren Sie die Eltern über die Hintergründe des Beißens. Denn ein Kind, das beißt, ist nicht schlecht, böse oder aggressiv. Im Gegenteil – in einem gewissen Alter und Rahmen ist es durchaus normal, dass Kinder beißen. Beißen wird erst zu einem sozialen Problem, wenn das Kind dieses Verhalten über einen längeren Zeitraum und regelmäßig wiederholt. Die Hauptgründe, warum Kinder beißen, sind Folgende:
1. Entwicklungsbedingte Ursachen
Kinder bis zum Alter von 2 Jahren haben das Bedürfnis, alles in den Mund zu nehmen. Sie lernen durch Sinneserfahrungen und durch das Prinzip „Ursache und Wirkung“. Da macht der Arm eines Freundes, in den ein Kind aus Entdeckungsdrang mal eben reinbeißt, keine Ausnahme. Das Kind testet mit seinen Sinnen aus, wie sich ein Arm im Mund anfühlt und was passiert, wenn es zubeißt. Auch das Zahnen kann eine Ursache sein. Wenn die Zähne durchbrechen ist das oftmals schmerzhaft. Indem das Kind auf einen Gegenstand oder auch in einen anderen Körperteil beißt, verringert es seinen Schmerz.
2. Körperliche Bedürfnisse
Manchmal sind Kinder auch einfach nur müde, hungrig oder überreizt. Dann zeigen sie durch ein solches Verhalten, dass sie sich nicht wohlfühlen. Meist können sie sich in diesem Alter noch nicht sprachlich differenziert über ihr Befinden äußern.
3. Umgebungsbedingte Ursachen
Ferner haben kleine Kinder noch kein gutes räumliches Gespür. Manchmal finden sie sich in Situationen wieder, in denen sie sich von anderen Kindern beengt fühlen. Sie müssen die Aufmerksamkeit mit mehreren Kindern teilen. Sie beißen, um sich Raum zu schaffen. Beißen kann also auch eine Reaktion auf Veränderungen in ihrem Umfeld sein.
4. Emotionale Ursachen
In diesem Alter fällt es Kindern schwer, ihre Gefühle auszudrücken. Sie können sich verbal noch nicht ausreichend verständigen oder Konflikte lösen. Aus diesem Grund beißen sie, z. B. um etwas zu erreichen, sich zu verteidigen oder sich selbst zu schützen, aber auch, um ihrer Frustration, Wut, Angst, Aufregung, Anspannung und ihrem Ärger Luft zu machen.
5. Mangelndes Sprachvermögen
Gerade Kinder, die beim Sprechen in der Entwicklung etwas langsamer sind, neigen zu körperlichen Reaktionen, die sich meistens dann legen, wenn sie sprechen gelernt haben. Vor allem Jungen im „Trotzalter“ beißen häufiger als Mädchen. Sie können sich oftmals sprachlich nicht so schnell und differenziert ausdrücken wie Mädchen. Hinzu kommt, dass sie den Mädchen oftmals physisch
überlegen sind. Mein Tipp: Geben Sie den Eltern folgenden Satz mit auf den Weg: „Nicht aggressiv zu reagieren verlangt Selbstkontrolle – die hat ein Kind im 2. Lebensjahr aber noch nicht erlangt!“
Rollenspiel: Die Eltern versetzen sich in die Lage des Kindes
Mit diesem kleinen Rollenspiel können sich die Eltern ganz einfach in die Lage des Kindes versetzen. Entweder spielen 2 Mitarbeiterinnen oder 2 mutige Eltern eine typische Situation vor. Sie können die Eltern auch anregen, zu zweit eine Spielsituation nachzuspielen. Das ist ganz einfach: Die Eltern oder Kolleginnen spielen Kleinkinder. Das 1. Kind hat ein begehrtes Spielzeug, das 2. Kind möchte dieses gern haben. Natürlich möchte das 1. Kind dieses nicht abgeben. Die Herausforderung besteht allerdings darin, den Gegenstand zu bekommen, ohne zu sprechen. Dies ist gar nicht so leicht. Da bleibt dem Kind nur die Möglichkeit, sich mit Körpereinsatz das Spielzeug zu verschaffen. Sicherlich werden die Eltern sich in dem Rollenspiel nicht beißen. Was sie aber erfahren, ist, dass den Kleinkindern nicht viele Möglichkeiten bleiben, um das begehrte Spielzeug zu bekommen bzw. zu verteidigen. Denn geduldig abzuwarten lernen die Kinder erst mit zunehmendem Alter.
Fazit: Die “Beiß-Phase” geht vorbei
Zunächst einmal: Verurteilen Sie ein beißendes Kind nicht. Es meint es nicht böse. Sie müssen ihm nur Wege aufzeigen, sich anders zu verhalten. Fast immer verschwindet die „Beiß-Phase“ nach kurzer Zeit wieder von ganz allein, sobald sich das Kind sprachlich besser ausdrücken kann. Hat das Kind regelmäßig und über einen längeren Zeitraum Probleme mit dem Beißen, sollten die Eltern mit ihrem Kinderarzt oder der Erzieherin der jeweiligen Gruppe sprechen. Gemeinsam können alle eine gute Lösung finden.
Nachdem die Eltern selbstständig die wichtigsten Punkte erarbeitet haben, werden sie sicherlich entspannter mit diesem sensiblen Thema umgehen. Hiervon profitieren die Kinder, die Eltern und auch Sie als Fachpersonal. Zudem haben Sie auch die Erziehungskompetenz der Eltern gestärkt.